

©Rhein-Sieg-Kreis
Landrat Sebastian Schuster
Landrat des Rhein-Sieg-Kreises
Stadt Land Fluss… – Herausforderungen und Chancen für den Rhein-Sieg-Kreis
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All politics is local
Landrat Schuster im Gespräch | Beitrag: Dorika Seib
Wenn auch die Themen des internationalen Clubs normalerweise eher globaler Natur sind, so bewegen die Bürgerschaft Fragen des täglichen Lebens und die Probleme in ihrer näheren Umgebung intensiver. So führte Generalsekretär Gerd Bischof den Landrat des drittgrößten Landkreises Deutschlands ein.
Diese Themenkomplexe und den Stand des Zusatzes zum Bonn-Berlin Vertrag thematisierte dieser in seinem trotz der trockenen Materie launigem Vortrag, den er zuweilen mit direkter Ansprache an die ihm bekannten Personen im Publikum oder Anekdoten auflockerte. So ist er Polizeipräsident des rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreises, aber Königswinter, Hennef und der linksrheinische Kreis gehören zum Bonner Polizeipräsidium, weil Adenauer das so wollte.
Die wirtschaftliche Basis des Landkreises bezeichnete er als vielfältig und robust mit starken Mittelständlern, innovativen Start-ups und etablierten Industrien, die mit fast 26.000 Unternehmen rund 186.000 Menschen beschäftigen. Die Arbeitslosenquote liegt unter dem Bundesdurchschnitt, trotzdem ist der Fachkräftemangel eine ernstzunehmende Problematik. Urbane Zentren wachsen, während in ländlichen Gebieten die Bevölkerung schrumpft. Gezielte Maßnahmen für den Ausbau von Wohnraum sind nötig, dem kommt die Wohnbaugesellschaft mit 50-100 neuen Wohnungen pro Jahr entgegen. Freizeitangebote, kulturelle Veranstaltungen und gut entwickelte Erholungsgebiete steigern die Lebensqualität. Eine enge Kooperation zwischen Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis im Bereich der Mobilität sieht er als von zentraler Bedeutung an für die Berufspendelnden und die Wirtschaft. Die täglichen Staus in Bonn wirken sich enorm nachteilig aus. In dieser Hinsicht gibt es in der nötigen Zusammenarbeit mit Bonn Luft nach oben. So erfuhr er aus der Zeitung über die Planung des Bonner Denkmalamtes, die marode Nordbrücke unter Denkmalschutz zu stellen, statt abzureißen. Dieses Vorhaben nannte er eine Katastrophe für die Verkehrssituation in der Rhein-Sieg-Region, da auch die Südbrücke ständige Staus aufweist. Hinsichtlich der Krankenhausreform führte er aus, dass im linksrheinischen Kreis kein einziges Krankenhaus existiert und die Menschen auf Bonner Krankenhäuser angewiesen sind. Vier Geburtsstationen wurden im rechtsrheinischen Gebiet geschlossen, sodass nur noch in Troisdorf Kinder auf die Welt gebracht werden können. Laut Regelung des Gemeinsamen Bundeausschusses muss eine Geburtsklinik jedoch in maximal 40 Minuten PKW-Fahrtzeit erreichbar sein. Insgesamt sieht es in Bonn hinsichtlich Krankenhausversorgung deutlich besser aus als im Rhein-Sieg-Kreis und er hätte sich durch die Reform eine Beseitigung dieses Mangels gewünscht. Die Digitalisierung ist weit fortgeschritten, so gibt es keine Wartezeiten mehr im Straßenverkehrsamt, ebenso sind Einwohnermelde- und Ausländeramt sowie das Katasteramt digitalisiert. Solcher Fortschritt ist nicht unumstritten, wie er schmerzhaft bei der Umstellung des Müllkalenders von Papier auf Internet erfahren habe. Bildung ist ihm wichtig, deshalb wird gezielt in Bildungseinrichtungen investiert. Neben Schulgebäuden, Hochschulen, Berufskollegs sind ihm Digitalisierung und KI als zukunftsorientierte Entwicklungen große Anliegen, da sie grundlegende Auswirkungen auf die zukünftige Arbeits- und Lebens-welt haben. Daher freut ihn die institutionelle Förderung des Deutschen Museums durch Nordrhein-Westfalen, das der Rhein-Sieg-Kreis seit 2017 mit enger Kooperation und finanziell unterstützt hat. Dessen Direktorin, Dr. Andrea Niehaus, war übrigens einige Jahre Mitglied des Internationalen Clubs (Anmerkung der Verfasserin).
Der Zusatz zum Berlin-Bonn-Gesetz zur fairen Arbeitsteilung zwischen Bonn und Berlin und zur Abschaffung des Rutschbahneffektes ist ausverhandelt, wurde aber bisher von Bundesbauministerin Geywitz leider noch nicht unterschrieben. So hofft er auf Finalisierung durch die neue Bundesregierung.
Große Sorgen bereitet ihm die Kommunalwahl im September wegen der AfD. 19 neue BürgermeisterInnen werden gewählt. Als Zuständiger für die Kreisumlage sieht er das Dilemma, dass das Land den Kommunen zunehmend Aufgaben zuweist, ohne die finanzielle Ausstattung dafür zu geben. Das macht die Bürgerschaft unzufrieden. Ein Beispiel dafür ist die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft, die umfangreichen Verwaltungsaufwand erfordert.
Im anschließenden Dialoggespräch mit dem Präsidenten und dem Publikum kam der Nachtfluglärm des Flughafens zur Sprache, der Arbeitgeber von 6000 Menschen und wichtiger Wirtschaftsstandort ist. Weiterhin der notwendige Bürokratieabbau, bei dem Bonn-Rhein-Sieg gut unterwegs ist hinsichtlich der bürgerfreundlichen Gestaltung und Digitalisierung von Abläufen und Verordnungen. „Luft nach oben“ hat die Kooperation mit der Bonner Tourismus und Kongress-GmbH, die wenig für den Rhein-Sieg-Kreis tut trotz ihrer Ausstattung mit 15 Mio. Euro. Kriegs- und Katastrophenschutzräume sind nicht vorhanden. Ebenso gibt es derzeit noch keine Digitalisierung der Bauakten, so sind acht bis neun Ämter bei einem Bauantrag involviert, was Zeit und Arbeitskraft kostet. Der Hinweis, dass bei der Bundestagswahl ein Viertel der Bevölkerung des Rhein-Sieg-Kreises nicht die Parteien der Mitte wählten, sondern AfD und Linke, fiel bei ihm auf Bedenken und Kritik an der Bundespolitik. Gefragt nach den „big five“ der Verbesserungen der Zusammen-arbeit mit Bonn nannte er: 1. ÖPNV*, 2. ÖPNV, 3. ÖPNV, 4. Rheinbrücken, 5. Tourismusbereich.
*Öffentlicher Personennahverkehr