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Hildegard Müller
Präsidentin Verband der Automobilindustrie (VDA)
Herausforderungen und Chancen für die Automobilbranche als deutsche Schlüsselindustrie
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Abgesang auf eine Schlüsselindustrie
oder schafft die Automobilindustrie die Transformation?
Vortrag Hildegard Müller, VDA-Präsidentin | Beitrag: Astrid Wiese
Diese Frage referierte und diskutierte die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie Hildegard Müller im vollbesetzten Panoramasaal der Godesburg mit Mitgliedern des Internationalen Clubs La Redoute.
Das Exportmodell Deutschlands im Allgemeinen sei gefährdet und das der Automobilindustrie im Besonderen, da sie mit 760.000 Beschäftigten und einer Exportquote von 70 Prozent eine Schlüsselindustrie darstellt. Die deutsche Automobilindustrie sei ungebrochen innovativ und wettbewerbsfähig. So sind aktuell sieben von zehn Elektroautos, die auf dem hiesigen Markt verkauft werden aus deutscher Produktion und einem Auto, das China in Deutschland verkauft stehen 80 Wagen gegenüber, die Deutschland in China absetzt.
Das Auto ist nach wie vor unverzichtbarer Bestandteil von Mobilität vor allem in ländlichen Bereichen. Bedingt durch den Hochlauf der Elektroautos und dem Klimaziel der CO2 Neutralität sehen sich Hersteller und Zulieferer einem enormen Transformationsdruck ausgesetzt.
Allein durch die Tatsache, dass ein Elektroauto erheblich weniger Komponenten beinhaltet, werden im Zeitraum von 2019 bis 2035 etwa 190.000 weniger Arbeitskräfte benötigt.
Die technologischen Gegebenheiten und die globalen Spannungen machen sowohl auf deutscher als auch auf europäischer Ebene eine andere Handels- und Wirtschaftspolitik unabdingbar. Vermehrte Handelsabkommen, Aussetzung von protektionistischen Maßnahmen und die Abschaffung von Strafzahlungen im Rahmen der CO2 Flottenregulierung wären sehr hilfreich. Die Überregulierung, welche übrigens auch in erheblichem Maße die Etablierung des autonomen Fahrens behindert, verbunden mit hohen Energie- und Lohnkosten machen den Standort Deutschland zunehmend unattraktiv. Dies sei allseits bekannt und es wird jetzt allerhöchste Zeit für eine entideologisierte Energiepolitik, sowie pragmatische und flexible Lösungen. Hier müssen Berlin und Brüssel tätig werden, und zwar sehr zeitnah.
Die deutschen Autohersteller haben zwar mittlerweile über 100 Varianten an E-Autos im Angebot, aber die Bereitschaft der deutschen Käufer ist aufgrund von Preis, Praktikabilität und Reichweite noch eher verhalten. Nur circa 20 Prozent wollen dauerhaft elektrisch fahren.
Ein großes Problem stellt sowohl im PKW- wie auch im LKW-Bereich die suboptimale Ladeinfrastruktur mit sehr unterschiedlicher Abdeckung und Preisgestaltung dar.
In China hingegen fährt schon jedes zweite zugelassene Auto elektrisch. Dort gibt es über 100 Hersteller, die sich zwar einen ruinösen Preiskampf liefern, aber viel Erfahrung gewonnen und vor allem digitale Fortschritte gemacht haben. Die Anpassung an chinesische Bedürfnisse („me time“) betreiben mittlerweile auch gezielt die Firmen Audi und VW.
Ein großer und effizienter Beitrag zum Klimaschutz wäre die Aussetzung des Verbrennerverbotes ab 2035 und die aktive Förderung von klimaeffizienten Verbrennern. Plug-in-Hybride und Range Extender sollten auch zukünftig zugelassen sein. Hier braucht Deutschland eine starke und einheitliche Stimme in Brüssel.
Die sogenannten E-Fuels (synthetische Kraftstoffe) sind leider noch zu knapp und zu teuer, könnten aber den Bestandsfahrzeugen problemlos beigemischt werden.
Es gilt also für die Hersteller innovative und marktgerechte Autos zu bauen und für die Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen.
Andernfalls, so Frau Müller, wird es weiterhin eine deutsche Autoindustrie geben, die aber weitestgehend nicht mehr in Deutschland produziert.