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DR. EMILY HABER
bis 2023 Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland in den USA
US-Wahlen 2024: Aussichten und Folgen für Europa und Deutschland
Kopf an Kopf
Ex-Botschafterin Dr. Emily Haber zu den US-Wahlen
Beitrag: Dr. Hubertus von Morr
Am 25. September 2024, 6 Wochen vor den mit großer Spannung erwarteten Präsidentschafts- und Kongresswahlen in den USA, analysierte die Spitzendiplomatin Emily Haber im vollbesetzten Beethovensaal der Redoute die Lage aus ihrer Sicht als langjährige deutsche Botschafterin in Washington (2018-2023).
Haber, zuvor Politische Direktorin des Auswärtigen Amtes, dann Staatssekretärin im Auswärtigen Amt und im Bundesinnenministerium, auf Auslandsposten zuvor in Ankara und Moskau, war vielen Anwesenden als brillanter Kopf und Ausnahmegestalt in der deutschen Diplomatie bekannt. Umso größer war das Interesse, was auch die lebhafte Diskussion zeigte.
Die beiden Präsidentschaftskandidaten Donald Trump und Kamala Harris lägen nach wie vor Kopf an Kopf, die verschiedenen Umfragen zeigten entweder den einen oder die andere um 1-2 Punkte vorn. Verlässliche Aussagen zum Wahlausgang ließen sich daraus nicht ableiten. Ausschlaggebend sei nicht die Mehrheit der Wählerstimmen, sondern die Mehrheit im Electoral College – deswegen die Bedeutung der „Swing States“, d.h. der Bundesstaaten ohne klare demokratische bzw. republikanische Mehrheit.
Die politischen Lager seien ungefähr gleich stark. Zweifellos gebe es seit der Nominierung von Harris einen großen Enthusiasmus bei den Demokraten, aber auch im Trump-Lager. Trump würden größere Kompetenzen in den Bereichen Wirtschaft und Migration zugemessen, Außenpolitik spiele keine Rolle. Trump würde wie zuvor auf eine Bilateralisierung von Beziehungen setzen, Institutionen seien für ihn zweit- oder drittrangig.
Für Harris seien – schon aufgrund ihres beruflichen Werdegangs als Staatsanwältin – Normen, Regelwerke und Institutionen vorrangig.
Die Amtsführung eines möglichen Gewinners Trump würde nicht mit dessen erster Amtszeit (2017- 2021) verglichen werden können, ebenso wenig wie Kamala Harris eine Fortsetzung der Präsidentschaft von Joe Biden wäre. Trump wäre ungleich besser vorbereitet als in seiner ersten Amtszeit.
Auf Fragen, wie der bisherige Erfolg von Trump für Deutsche bzw. Europäer überhaupt erklärbar sei, wies Emily Haber auf die geradezu „tribale Loyalität“ seiner Anhänger hin, die über die in unseren Augen und Ohren unglaublichsten verbalen Entgleisungen hinwegsähen. Für Trump sei entscheidend, wie seine Gesprächspartner auf ihn zugingen – er wolle geliebt werden.
Für uns gelte: gewählt wird der/die nächste Präsident/in von den Amerikanern. Wir Deutsche müssten mit dem Ergebnis auskommen und nach unseren Interessen handeln. Dabei sollten wir nicht aus den Augen verlieren, dass die deutsch-amerikanischen Beziehungen nicht nur in Politik, sondern auch in Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur so vielfältig und stark seien, dass sie wie auch immer zu erwartenden raueren Zeiten standhalten würden.
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