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Februar 2024

Frank Sieren

Journalist, Korrespondent, Dokumentarfilmer und Autor

Chinas Weltordnung. Wissen, wie die neue, alte Weltmacht tickt.

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Vortag von Frank Sieren am 1.2. 2024

China’s Weltordnung. Wissen, wie die neue, alte Welt tickt.

Frank Sieren beginnt seinen fulminanten Vortrag mit der Frage, warum wir Europäer uns mit China beschäftigen sollten.  Er konstatiert einen epochalen Wandel: Der Westen ist eine Minderheit und kann nicht mehr allein die Spielregeln der Welt bestimmen.  Im Westen hat sich nach Bretton Woods die Macht von Großbritannien in die USA  verlagert  und nun beginnt das chinesische Jahrhundert.  Es reicht  also nicht mehr, sich auf unseren westlichen Blickwinkel zu fokussieren.  Der Westen hat seine Prägekraft verloren.

China, schon mehr als 2000 Jahre ein Nationalstaat, hatte über Jahrhunderte einen 30%igen Anteil an der Weltwirtschaft. Aber es hat versäumt,  die Industrialisierung der neuen Wettbewerber wahrzunehmen –  aus bequemer Überheblichkeit.  Erst mit Deng Xiaoping endeten die für die Wirtschaft desaströsen Massenkampagnen Mao‘s. Mao hielt China zwar zusammen, aber das  einst stolze „Reich der Mitte“ war auf 2% Anteil an der Weltwirtschaft zurückgefallen.

Deng  Xiaping hat erkannt, dass China sich von den Klassenfeinden helfen lassen muss. 1979 ließ er, übrigens mit der Hilfe von Xi’s Vater, Sonderwirtschaftszonen einrichten.  Mit  Auslandinvestitionen, KnowHow und fleißigen chinesischen Arbeitern wurden sie ein großer Erfolg.  Man denke an Karl Hahn (VW)und die weinroten Santanas.  Es wurde viel importiert, so dass es zur von Helmut Schmidt vorhergesagten Inflation (1988 – 30%) kam. Die Unzufriedenheit führte zum Tian’anmen-Massaker (1989).  Der wirtschaftlichen Liberalisierung stand immer eine repressive Haltung des Staates gegenüber und Frank Sieren erwähnt, dass die USA und Europa die Reformbemühungen weiter unterstützten. So wurde China zur “Fabrik” der Welt.

Im Windschatten der falschen Annahme, dass die Chinesen sich mit Nachmachen und Klauen abfinden würden, verfolgten sie  das Ziel, durch Innovation und bessere Produkte  erfolgreich zu werden. Man bleibt nicht in nachholender Modernisierung, sondern fokussiert sich auf geboostete Innovationen (Lead Profit).  Dabei werden die privaten Unternehmen vom Staat stark unterstützt. Es werden Cluster aufgestellt und mit Personal und Geld ein möglichst produktiver Rahmen geschaffen (KI, BYD, Batterien, Drohnen, Solar).

Dem Zusammenspiel von Unternehmen und chinesischem Staat kommt zusätzlich die Zusammenarbeit innerhalb von BRICS++ und ASEAN zugute. Ganz pragmatisch gilt die Regel der Nichteinmischung, Gleichheit und Nutzen für die Partner. Die Länder des globalen Südens sind nun stärker als die G7, sowohl wirtschaftlich als auch bevölkerungsmäßig. Sie fragen nach dem Recht der Mehrheit, nach neuen Spielregeln.  Unsere Werteordnung wird hinterfragt und wir werden unsere Vorstellungen nur durchsetzen können, wenn wir wirtschaftlich stark sind und wissen, was wir wollen.  In diesem Zusammenhang zeigt sich  Frank Sieren  enttäuscht über die  China Strategien von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen  und unserer Außenministerin Annalena Baerbock.  China will multilateral mit allen Beziehungen haben;  sie wollen kein “Für” oder “Gegen”, keine Sanktionen, sondern einen Blick hin zur neuen Weltordnung.

Ganz allgemein sollte sich Europa nicht vorrangig mit China’s Schwachstellen  beschäftigen.  Für Kooperation sollte Europa werben und das häufige  “China Bashing” unterlassen. Da die alte Weltordnung zerfällt, sollten wir die Herausforderung annehmen und uns auch vorstellen, dass neue Regeln besser sein könnten.

China fühlt sich als Aufsteiger, auf dem Weg in die Zukunft.  Die Macht von Innovationskraft als Regelsetzer in Kombination mit chinesischer Staatsräson ist pragmatisch;  dabei ist nur  Erfolg wichtig.

Den Umgang mit Jack Ma, dem ehemaligen CEO der Alibaba Group,  halt Frank Sieren für  konsequent.  Der Fall führte zu notwendigen Antikartellregeln. Meng Wanzhou, der Tochter des Huawei-Gründers,   und die von China festgenommenen Kanadier wurden nach 3 Jahren quasi ausgetauscht, als die US Richter die Vorwürfe fallen ließen.  Huawei hat sich vom amerikanischen Boykott bestens erholt.   Was die Uiguren  betrifft, so wisse man zu wenig. Es gibt  da keine Transparenz und Europa sollte auf Dialog setzen.

In Bezug auf Klimawandel gehen die Chinesen den pragmatischen Weg. Kohle solange wie nötig, um Atom und Solarenergie auszubauen. Für Taiwan wird es eine friedliche Lösung geben. Die Chinesen wollen die Wiedervereinigung, aber, wieder ganz pragmatisch, ohne zu hohen Kosten.

 

TEASER

China hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einer Wirtschaftsmacht von enormer Bedeutung entwickelt. Mit der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt ergaben sich Kooperationsmöglichkeiten in vielen Bereichen wie Technologie, Infrastruktur und erneuerbare Energien. Gleichzeitig erwuchs auf der internationalen Bühne ein Machtanspruch mit territorialen Ansprüchen und politischer Einflussnahme durch Investition und Handel, der zu geopolitischen Spannungen führt. Letztendlich hängt die Beurteilung davon ab, wie die internationale Gemeinschaft mit den vielschichtigen Facetten der chinesischen Entwicklung umgeht. Unser Referent lebt seit Jahrzehnten als Journalist und Autor in Peking und hat sich als Kenner der chinesischen Denkweise einen Namen gemacht.

 

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